Titel: Der Trip | Autor*in: Arno Strobel
| Genre: Thriller | Verlag: Fischer | Erscheinungsdatum: 30.8.2023 |
Seitenzahl: 352 Seiten | Preis: ab 16,99 Euro Broschur
Evelyn Jancke ist nur noch ein Schatten ihrer selbst, seit ihr Bruder Fabian zwei Jahre zuvor auf einem Wohnmobil-Trip spurlos verschwand. Es gibt kein Lebenszeichen von ihm, die Ermittlungen wurden eingestellt.
Allein ihre Arbeit als forensische Psychologin hält Evelyn aufrecht, vor allem, als die Oldenburger Polizei um ihre Mithilfe bei einer Mordserie bittet. Im norddeutschen Raum tötet ein Unbekannter scheinbar wahllos Menschen auf Campingplätzen. Er kommt immer nachts und verschwindet unerkannt wieder. Bis es einen Zeugen gibt. Und daraufhin ein Phantombild.
Evelyn traut ihren Augen nicht, als sie es sieht. Und fasst einen verzweifelten Entschluss, der sie alles kosten könnte…
Zwischen Hoffnung und Lügen
Vor dem Abschleppwagen blieben sie in einem Halbkreis stehen und starrten mit feist grinsenden Gesichtern an dem großen Fahrzeug vorbei auf etwas, das Fabian von seinem Standort aus nicht sehen konnte. Als ihm aber schwante, was es war, schoss eine Angst in ihm hoch, wie er sie noch nie zuvor in seinem Leben empfunden hatte.
Ein verschwundener Bruder, zwei Jahre Ungewissheit und plötzlich viel zu viele Fragen. So sieht es für Eveline gerade aus. Die Psychologin knabbert aktuell selbst an einem harten Fall und soll für einen manipulativen Psychopathen ein Gutachten erstellen. Doch ihr Patient macht es ihr nicht leicht und auch die Albträume, welche sie seit dem Verschwinden ihres Bruders plagen, nagen an ihr. Doch plötzlich scheint neuer Wind in den Fall zu kommen, wenngleich anders, als Eve es sich gewünscht hätte. Denn das Phantombild des sogenannten „Campers“ ähnelt ihrem Bruder auf fast unheimliche Art und Weise.
Unblutig
Irgendwie habe ich mich schon auf ein bisschen mehr Blut eingestellt. Bekommen habe ich das zwar nicht, aber das brauchte das Buch auch gar nicht. Stattdessen breitete sich vor mir ein schwindelerregendes Verwirrspiel aus. Misstrauen, Lügen, eigene Vermutungen. Alles ging Hand in Hand und mehr als einmal musste ich meine erste Meinung revidieren. Und das war großartig! Gerade da viel passierte, was auch Evelyn an all den Geschehnissen zweifeln ließ. So tief, dass sie sich selbst nicht mehr über den Weg traute und auch den Leser irgendwie mitzog.
Und dabei muss ich sagen, dass es leider doch immer wieder kleine Momente gab, wo mir Eve zu viel wurde. Denn auch wenn ich den Wunsch nach Wahrheit und Aufklärung durchaus verstehen konnte, war ihr Verhalten manchmal sehr nahe an der Grenze zu rücksichtslos. Gerade ihrem Freund und Kollegen von der Polizei gegenüber. Zu meinem Glück waren das immer nur kurze Episoden und zog sich nie durch das ganze Buch.
Neben Eve gab es dann noch Tillmann, ihr Freund und Kollege, welcher ihr immer eine große Stütze ist. Auch jetzt, in diesen harten Zeiten, tut er alles um sie zu beschützen. Selbst wenn es manchmal gegen seine eigenen moralischen Kompass geht. Gerade im Bezug auf seinen Job als Ermittler.
Lügen, Lügen, Lügen
Das Buch ist voll davon und man verstrickt sich heillos darin. Und das Tolle daran, man erfährt die wirkliche Tragweite erst am Ende. Immer wieder tauchen neue Figuren auf, Eves Chef, ein Zeuge, die Schwung in die Geschichte bringt. Dabei tropft zwar kein Blut von den Wänden, aber die Psychospielchen gleichen das mühelos aus. Denn man erreicht schnell den Punkt, an welchem man niemanden mehr gänzlich vertraut. Nicht einmal Evelyn.
Abgerundet wird das ganze schließlich von den kleinen Kapiteln, welche aus der Sicht des Killers stammen. Namen werden nie erwähnt und durch die Dinge, welche wir zu diesem Zeitpunkt schon wissen, macht es das Rätseln nicht gerade eifacher. Ganz im Gegenteil. Es heitzt die eigenen Gedanken nur noch mehr an.
Ein Psychothriller vom Feinsten, bei dem es vielleicht keine rasanten Verfolgungsjagden oder angenagelte Augen gibt, dafür aber so viele Lügen und Geheimnisse, dass man darunter begraben wird. Und Evelyns anstrengende Momente seien ihr verziehen.
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