Titel: U | Autor*in: Timur Vermes |
Genre: Roman |Verlag: Pieper | Erscheinungsdatum: 28.10.2021 |
Seitenzahl: 160 Seiten | Preis: 15,00 Euro Hardcover
Eine scheinbar ganz alltägliche Situation: Nur noch fünf U-Bahn-Stationen trennen die junge Lektorin Anke Lohm von einer Dusche und dem frisch bezogenen Bett im Gästezimmer ihrer besten Freundin.
Zwar nervt sie nach einer Bahnreise mit allen Komplikationen der einzige andere Fahrgast im leeren Zug, aber beim nächsten Halt will der junge Mann aussteigen, und dann ist endlich, endlich Ruhe. Sollte diese nächste Station nicht eigentlich längst da sein?
Aus zwei Minuten werden fünf, dann zehn, zwanzig, in denen die Bahn ungebremst durch die endlose Dunkelheit schießt. Und Anke Lohm ahnt, dass dies mehr sein könnte als nur eine U-Bahn-Fahrt: der größte Fehler ihres Lebens.
Anders, schnell und trotzdem seltsam fesselnd.
Der Vierer da drüben.
Über den Boden.
Und beide Sitze.
Wer kann so gleichmäßig kotzen?
Hält kein Mensch aus. Kopf raus! Luft!!!
Wagen wechseln, Wagen wechseln!
Wie lang bis Abfahrt?
Kein Mensch am Bahnsteig, kein Fahrer.
Anzeige: noch 15 Minuten.
Alles gut.
Nein, keine Sorge. Ich bin nicht ständig auf die falsche Taste gekommen. Denn genau so ist das ganze Buch aufgebaut. Sehr kurze, schnelle Sätze. Manchmal sogar nur einzelne Worte. Abgehackt und zackig und sehr ungewohnt. Doch wenn man es schafft sich darauf einzulassen, dann spürt man die Bedrohung, das Tempo und die aufkeimende Hilflosigkeit von Anke. Denn wir stecken in ihrem Kopf, beobachten und lauschen ihren Gedanken. Das sind auch die einzigen Infos die wir bekommen und das wiederum macht es unglaublich genial. Ihre Wut, ihre Hoffnung und Angst. Die ganze Stimmung kam sehr direkt und ungefiltert bei mir an.
Immer, immer, immer weiter . . .
Eine U-Bahn, die nicht stoppt klingt erstmal für eine Gruselgeschichte nach einem müden Gähnen. Hatte man doch alles schon einmal. Doch durch die sehr, sehr mutige Art die Geschichte aufzubauen und das schnelle Tempo, ist man viel näher an der ganzen Sache dran. So bekommt weder Anke noch ihr Mitfahrer eine detaillierte Charakterbeschreibung, doch das braucht das Buch auch gar nicht. Es lebt einfach nur von dem, was eben passiert. Die endlose U-Bahn fahrt. Die Panik, dann die vermeintliche Lösung und zwischendrin Angst und Beobachtungen, die mich als Leser grübeln ließen. Selbst jetzt nach Beenden des Buches grübel ich noch immer über die ein oder andere Szene nach. Glaube Parallele zu sehen und will einfach nur unbedingt mit jemanden darüber sprechen.
Was? Was? Was?
So wird es euch das ganze Buch über gehen. Ihr stoßt auf Unglauben, das bedrückende Gefühl der Bedrohung und immer neue Fragen. Denn die U-Bahn hält sehr wohl zwischendurch, nur wünschten sich Anke und ihr Begleiter bald schon, dass sie es nicht tun würde. Und so wird die Angst vor dem Licht bald größer, als die vor der Dunkelheit. Grenzen verschwimmen und gerade das Ende lässt euch dann mit euren eigenen Gedanken und Vermutungen ganz alleine.
Den Aufbau dieses Buches mutig zu nennen, ist vermutlich eine Untertreibung für sich. Die zackige Art wird viele Abschrecken, ohne dass sie der Geschichte eine Chance gegeben haben. Doch lässt man sich darauf ein. Auf die Sprache, die ungewohnte Art und die Geschichte an sich, dann habt ihr hier eine echte Perle vor euch.
Kaufen
Auch besprochen bei: AstroLibrium