Wolf – Ferienlager im Wald

Titel: Wolf – Ferienlager im Wald | Autor*in: Saša Stanišić |
Genre: Kinderbuch| Verlag: ‎ Carlsen | Erscheinungsdatum: 27.4.2023 |
Seitenzahl: 192 Seiten | Preis: 14,00 Euro

Kemi wird im Ferienlager Teil einer Gruppe unterschiedlichster Jugendlicher und Betreuer. Und er trifft auf Jörg, der irgendwie andersiger ist, für den sich Kemi aber sehr interessiert. Er beobachtet genau, was die anderen mit Jörg machen und wie in der Gruppe langsam alles eskaliert. Wie weit? In seinen Träumen begegnet Kemi einem Wolf, seiner eigenen Angst. Er lernt, mit dem Wolf zu leben und mutig zu sein.

Vorfreude Pur! Zumindest beim Leser. 😉

Ich höre schon die Zecken mit den Zungen schnalzen

Ein Besuch im Ferienlager. Wo andere Kinder Luftsprünge machen, kann sich Kemi so gar nicht mit der Entscheidung seiner Mutter anfreunden. Er hat keine Lust auf Natur oder Wald oder andere Kinder. Eigentlich will er nur lesen. Doch als er dann dort ist, still beobachtet, wie sich ein Teil der Gruppe gegen den Außenseiter Jörg verschwört, beginnt Angst in ihm zu nagen. Wie weit wird es gehen? Und warum schafft er es nicht etwas mutig zu sein?

Anders

Dieses Kinderbuch ist für die jungen Leser ab 11 Jahren ausgezeichnet und doch war ich es, die beim lesen Pausen brauchte, um es einfach zu verdauen. Das Thema Mobbing ist mir nicht fremd und die Art, wie der Autor dieses systematische zerstören jeglichen Selbstvertrauens beschreibt, ging mir sehr nah. Man erkennt es wieder, erinnert sich und versteht die Stille, in die sich hier Jörg flüchtet. In der er zufrieden ist, aber Mobber können es nicht ertragen, wenn man alleine mit sich zufrieden ist. Schließlich soll man sich immer und zu jeder Zeit scheiße fühlen.

Kinder. Erwachsene. Eltern.

Auch etwas, das ich aus meiner Schulzeit kenne, ist, dass Erwachsene, Mitschüler und auch Eltern wegschauen. Entweder aus Angst, vorrangig bei den Mitschülern, selbst ins Fadenkreuz zu rücken, abgeschoben zu werden oder einfach aufzufallen, oder aus Lehrer / Eltern Sicht oftmals, weil sie es entweder verlernt haben zu bemerken, was los ist. Oder, und das finde ich schlimmer, es ihnen einfach egal ist, solange sie ihre Ruhe haben. Oder sie tun etwas, aber auf solch eine immens unangenehme Art und Weise, dass es für den gemobbten noch viel Schlimmer wird.
Dazu kommen gute Ratschläge a la „Dann geht euch doch aus dem Weg.“ Ja, danke für nichts …
All diese Punkte passieren in diesem Buch und die Reaktion von Kemi und Jörg sind dabei so realistisch, dass ich es förmlich vor mir gesehen habe. Die Blicke, die Art, wie die beiden Außenseiter doch langsam zusammenwuchsen und auch, wie andere andersiger – ein Wort, das der Autor erfunden hat – gemacht werden.

Hilflos

Das ist ein Gefühl, das Kemi im Verlauf der Geschichte sehr genau kennenlernt. Denn er fühlt sich oft so, weil er nicht mutig genug ist, für Jörg einzutreten. Weil er sich nicht dem großen Raubtier entgegenstellen kann und auch andere es nicht tun. So verändert sich nichts und auch das beobachtet der aufgeweckte Kemi sehr genau. Dazwischen verlockt das Buch, alleine durch Kemis locker-witzige Erzählweise, aber auch zum Schmunzeln.

Wolf mag ein Kinderbuch sein und sollte doch in meinen Augen auch von Erwachsenen gelesen werden, denn es zeigt auf klare Art und Weise, wie Mobbing aussieht. Wie leise es seinen Weg geht oder dass nur Betonungen genügen, um eine vermeintlich „nette“ Frage wie blanken Hohn wirken zu lassen. Dazwischen kommt es aber auch zu einer Situation, bei der ich Kemis Angst absolut nachvollziehen konnte. Und die Frage, was wäre passiert, wenn Marko und Jörg alleine gewesen wären, ließ mich schaudern. Denn kennen Wölfe überhaupt Grenzen?

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