Das beste sind die Augen

Titel: Das beste sind die Augen | Autor*in: Monika Kim
| Genre: Roman / Horror | Verlag: KiWi | Erscheinungsdatum: 3.7.2025
| Seitenzahl: 352 Seiten | Preis: 23,00 Euro Hardcover

Nach der Trennung ihrer Eltern gerät Jiwons Leben ins Chaos – und der neue, selbstgefällige weiße Freund ihrer Mutter macht alles nur schlimmer, indem er sie und ihre Schwester fetischisiert und ihre Kultur verhöhnt. Jiwons Gedanken werden immer radikaler.
Wie weit wird sie gehen, um ihre Familie zu retten?

Habt ihr jemals feministischen Horror gelesen?

Krieche, du armselige Küchenschabe. Krieche.

Ji-wons Leben geht von einem Moment auf den anderen in die Brüche. Erst verlässt ihr Vater die Familie, um mit einer anderen Frau eine neue zu gründen, dann stürzt ihre Mutter in eine tiefe Depression. Ist plötzlich sogar der Meinung, dass alle koreanischen Männer rücksichtslose Betrüger sind und nur Europäer wirklich gut sein können. Immerhin hat sie noch nie von untreuen europäischen Ehemännern gehört. Ji-won hält das nur für eine Phase … bis George plötzlich in ihr Leben tritt. Jin-wo hasst ihn! Hasst ihn und wie er sie, ihre Schwester und andere asiatische Frauen angafft. Hasst sein rücksichtsloses Verhalten. Und je mehr sie ihn hasst, desto mehr nehmen die Träume sie gefangen. Träume von blauen Augen …

Psychologisch Tief

Man mag es am Anfang gar nicht gleich glauben, aber man braucht eine gewisse Ekelgrenze für dieses Buch. Denn Jin-wos obsession für Augen, besonders blaue Augen, entwickelt sich in eine sehr ungesunde Richtung. Denn sie beginnt nicht nur davon zu Träumen, selbige zu essen, sondern tut es auch. Entwickelt eine art durch psychischen Stress ausgelöste Esstörung. Und während wir sie dabei begleiten, erkennen wir auch, wie verzweifelt sie eigentlich nur veruscht ihre Familie zu beschützen. Erkennen wie verdammt Klug diese junge Frau ist. Und welche genialität sie dabei erreicht, begreift man erst am Ende des Buches.
Dazwischen aber passiert so unglaublich viel. Man spürt Jin-wos wachsende Abneigung gegenüber George, aber auch die eigene. Denn George ist so ein verdammt unangenemer Charakter. Der Bodensatz der männlichen Bevölkerung.

Männer wie er hassen es, im Unrecht zu sein, blamiert zu werden, die Kontrolle zu verlieren. Männer wie er wissen nicht, was sie dann tun sollen, und greifen auf kindliche Zurschaustellung von Wut zurück, auf Tobsuchtsanfälle und Beleidigtsein. Dennoch wird er nichts ändern können, denn letztendlich ist er der Schwächere. Er hat nur so viel Macht, wie du bereit bist, ihm zu geben, und du überlässt ihm nichts. Kein bisschen.

Immer wieder begegnet man dabei Situationen, die man nur als unglaublich unangenehm bezeichnen kann. Sei es bei Georges Verhalten, seinem überdeutlichen Fetisch gegenüber asiatischen Frauen oder seiner Meinung über Männer und Frauen ganz im Allgemeinen. Es gibt Äußerungen, die leider noch immer gängiger Alltagsrassismus sind, aber auch vermeintlich kluge Leute, die man erst vorsichtig, aber doch positiv betrachtet, nur um dann zu bemerken, dass auch diese Leute Jin-wo wieder nur auf ihre asiatische Herkunft reduzieren. Dazu kommt der immense Druck, welcher auf der jungen Frau lastet. Dabei legt es das Buch nicht darauf an, Jin-wo als unglaublich sympathisch hinzustellen. Sie ist weder perfekt noch fehlerfrei. Sie hat schon bewusste Dummheiten begangen und damit ganze Freundschaften riskiert.

Geburt einer Serienmörderin

Jin-wos Hass steigert sich immer mehr und wir begleiten die junge Frau dabei, wie sie immer mehr in eine Dunkelheit gerät, der sie sich nicht entziehen kann. Die moralischen Grenzen verschwimmen, Obsessionen werden klarer und die Rachegelüste unserer Protagonistin lassen sich bald nicht mehr durch reine Tagträume befriedigen. Es ist ein düsterer Abstieg, der in seiner ganz eigenen Form von Horror mündet. Und das Ende … das erwartet man so nicht. Denn man hat das Gefühl: Das ist erst der Anfang!

Dieses Buch beginnt zart und sanft und gerade wenn man denkt: „Das soll Horror sein?“ schlägt es einem plötzlich den Boden unter den Füßen weg. Und dieses Mischen von Feminismus, verworrener Moral, schrecklichem Klassendenken und dem Kampf einer jungen Frau, sich diesen Zwängen zu widersetzen, vermischt mit erstklassigem Horror und dem ein oder anderen Ekelmoment, war großartig. Man erlebt einen Abstieg der besonderen Art und schafft es doch nicht, ganz so viel Mitleid mit dem ein oder anderen Opfer zu haben. Und auch das macht beim Lesen etwas mit einem.
Ein großartiges, vielschichtiges Werk voller unglaublich starker Zitate, voller Grauen und dem Wissen, dass vielleicht in uns allen eine dunkle Seite schlummert.

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