Sind inzwischen alle verrückt geworden?

Eigentlich bin ich niemand, der sich lange ärgert. Aber in den letzten Tagen brodelt es richtig in mir. Jedes verdammte Mal, wenn ich in die Nachrichten schaue schlagen mir Schlagzeilen entgegen, bei denen ich einfach kotzen könnte! Tut mir leid, dass ich so direkt bin, aber es ist einfach so.
Der Grund?

Winnetou!!

Habt ihr das neue Schimpfwort schon vernommen? Das Drama um ein simples Kinderbuch, welches ein paar Twitter- Facebook und/ oder Istragrammhelden losgetreten haben? Nein? Nun dann herzlichen Glückwunsch! Für dich ist die Welt vermutlich noch in Ordnung. Alle anderen haben es mitbekommen. Eingestampfte Bücher zu einem Kinderbuch zum Film »Der junge Häuptling Winnetou« und plötzliche Verteuflung von Karl May als Rassist. Dem Kinderbuch, welches auf der bekannten fiktiven Romanreihe von Karl May basiert, wurde doch tatsächlich vorgeworfen, dass sie ein verklärtes und nicht realistisches Bild der Ureinwohner Amerikas und ihrer Geschichte zeichnet.
Das mit dem Kinderbuch und dem fiktiv haben sie mitbekommen, oder?

Haben diese Helden überhaupt jemals Karl May gelesen?

Die Winnetou-Bücher sind Fiktion und waren als solch immer gedacht. Weder war der gute Mann, meines Wissens zumindest, in Amerika, um das explizit nachzurecherchieren, noch gab es damals Internet, da bin ich mir sogar sehr sicher! Also schrieb er Fiktion. Einen Abenteuerroman der viele Menschen begeisterte. Sie waren blutig, traurig und zeichnete ein Bild der Grausamkeit der damaligen Kolonialisierung. Es ging um Verständigung und der tiefen Freundschaft zwischen sehr unterschiedlichen Menschen und Kulturen. Auch ist der indigenen Bevölkerung im Grunde sofort die Sympathie des Lesers sicher, auch wenn Karl May hier sehr viel Fantasie in ihre Bräuche und Kultur steckt. Man leidet mit ihnen wenn sie Existenz und Kultur verlieren und immer wieder hat man die Verurteilung dieser Dinge klar vor sich. Und ja, klar tauchen da auch Figuren auf, die sich negativ zu Religion und anderen Kulturen äußern ABER! Es sind die Antagonisten! Es sind immer die, die am Ende gehörig auf die Fresse kriegen!

Außerdem ist es nun einmal so, dass sich die Kinder, die sich für die Ureinwohner Amerikas begeistern, auch mehr mit ihrer Geschichte beschäftigen. Es sind diese Kinder, die sich Sachbücher wünschen und durchaus zwischen Klischee und Tatsache unterscheiden können. Zumindest wenn man ihnen die Chance dazu gibt, sich auch mal damit auseinanderzusetzen.

Fiktion ist Fiktion und bleibt Fiktion

Winnetou ist kein Sachbuch. Wer dieses als solches sehen will, egal ob Original oder als Kinderbuch, der muss dann auch konsequent sein und zb. absolut gegen die als normal vorgelebten toxischen Beziehungen in den New Adult Romanen sein. Die weithin bejubelte After-Reihe mal als Beispiel. Oder was ist eigentlich mit Harry Potter? Wenn ich es wirklich will, kann ich schnell eine Verleugnung der Hexenverbrennungen daraus lesen. Immerhin hieß es ja mal in einem Nachsatz, dass nie eine Hexe bei solchen Sachen gestorben ist. Und was ist eigentlich mit Yakari? Wird hier das Leben der Ureinwohner Amerika eigentlich absolut historisch korrekt wiedergegeben? Was ist mit den ganzen historischen Romanen? Oder den Frauenbildern in den guten alten Kinderbüchern Leo-Lausemaus, Connie und Bobo Siebenschläfer? Sind diese Darstellungen der Hausfrau und Mutter nicht auch inzwischen komplett überholt? Mhh! Los lasst uns einen Mob Gründen und wegen nichts und wieder nichts einen Aufstand proben! Am besten zünden wir alle einfach gleich mal gleich unsere Regale an!

Kulturelle aneignung?

Kultur muss sich mischen. Sie hat es seit verdammten Jahrhunderten getan und wird nicht damit aufhören, nur weil das manchen sauer aufstößt. So kann sich niemand eine Frisur nur auf seine Flagge schreiben weil sie bestimmt schonmal in anderen Ländern, zu anderen Zeiten auch mal Teil dieser Kultur waren. Sonst müssten wir auf Pizza, Sushi und Pasta verzichten, weil sie nie Teil unserer Kultur wären. So müssten wir Anime und Manga meiden und und und! Wenn man solche heroischen Wörter hinaus brüllt, dann bitte konsequent! Dann beschäftigt euch damit und zieht eure selbst erstellten Kritikpunkte durch alle Bereiche. Durch jede Literatur!! Angefangen von den Darstellungen von Polizisten in den geliebten Krimis, bis hin zu den romantischen Schinken mit überdominanten Kerlen die eine eigene Entscheidung des Frauchens nicht akzeptieren.
Ach ja, und vergesst bei jeder dieser Dinge immer, dass das ganze Fiktion ist.

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Tanja von Der Duft von Büchern und Kaffee
Tanja von Der Duft von Büchern und Kaffee
1 Jahr zuvor

Hallo liebe Ruby,
hm… meine Welt war vor wenigen Minuten noch in Ordnung :o) An mir ist die Diskussion über Winnetou & Co. tatsächlich vorbeigegangen.

Ich kann deinen Frust sehr gut verstehen. Leider passiert es in vielerlei Situationen so, dass bestimmte Themen zeitweise extrem aufgebauscht werden. Sicherlich gibt es im Leben einige Positionen, die einer Änderung bedürfen, die man mal überdenken sollte und bei denen ein öffentliches Aufbrausen auch mal angebracht wäre. Doch hier sehe ich irgendwie so gar keinen Nutzen.

Leider frage ich mich im Leben auch oft, was sich manche Menschen mit einem bestimmten Verhalten erhoffen, ob sie das, was sie sagen, nicht auch mal zuvor ordentlich reflektiert haben oder ob sie überhaupt Lust haben ihre Ansichten zu hinterfragen.

Sehr gefallen hat mir an deinem Artikel, dass du zeigst, dass man, wenn man A sagt, aber eigentlich auch B sagen könnte. (Dass man in Harry Potter eine Verleugnung der Hexenverbrennung erkennen könnte … dieser Gedanke ist mir bislang noch nicht gekommen … :o))

Vorgelebte toxische Beziehungen … ja, da würden mir auf Schlag auch einige Bücher zu einfallen. Aber wie du schon sagst: Es sind Geschichten … Ich stelle mir gerade die Situation vor, in der jeder Autor zuvor ein Richtlinienbuch über das lesen wird, was er schreiben darf und was nicht. Sollten Autoren versuchen jedes eventuelle Tabuthema zu umgehen, herrje, wie würde das doch die Geschichten eingrenzen, die wir in Zukunft lesen dürften.

Ach ja ….

Ganz liebe Grüße
Tanja :o)

RoXXie
1 Jahr zuvor

Das unterschreibe ich so!

*standing ovations*

Aleshanee
Aleshanee
1 Jahr zuvor

Hi Ruby,

ich hab deinen Beitrag heute in meiner Stöberrunde verlinkt 🙂 Letzten Monat hab ich es nicht mehr geschafft gehabt, da dein Beitrag kurz darauf online gegangen war … da gab es ja doch einige Diskussionen um das Thema.
Wie man bei Harry Potter auf Hexenverbrennungen kommt ist mir grade allerdings unklar, wurde das mal erwähnt??? Ich kann mich grade überhaupt nicht an sowas erinnern?

Gerade diese unterschiedlichen Bilder, die die Generationen geprägt haben sind doch wichtig! Da heißt es, man soll die Vergangenheit kennen, um daraus zu lernen und dann soll alles umgeändert werden… widerspricht sich für mich jedenfalls komplett.

Liebste Grüße, Aleshanee

Teresa
1 Jahr zuvor

Hallo Ruby,

erstmal vielen lieben Dank für deinen tolle Post.

Ich habe diese sinnlose und dumme Diskussion im Radio mitbekommen und bin fast vom Glauben abgefallen.

In was für einer Welt leben wir eigentlich? Winnetou ist denke ich für jeden ein kleiner Held in der Kindheit und plötzlich wird er verteufelt??
Dann dürfte es keine Bücher mehr geben, wenn alles auf einer wahren Begebenheit oder auf dem Stand einer Fachbuches sein muss. Ich finde deine Beispiele zeigen das wunderbar auf.

Alleine das es überhaupt so eine Diskussion gibt, finde ich zum Kopf schütteln.

Liebe Grüße
Teresa

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