Die Erinnerungsfotografen

Titel: Die Erinnerungsfotografen | Autor*in: Sanaka Hiiragi
| Genre: Roman | Verlag: Hoffmann und Campe | Erscheinungsdatum: 2.8.2023 |
Seitenzahl: 176 Seiten | Preis: ab 22,00 Euro Hardcover

Das Fotostudio von Herrn Hirasaka ist ein magischer Ort: Hier, an der Schwelle zum Jenseits, können die Besucher aus Fotografien ihren persönlichen Lebensfilm zusammenstellen. Hirasaka bietet dabei einen besonderen Service: Jeder Besucher erhält die Möglichkeit, zu einem bestimmten Moment seiner Vergangenheit zu reisen und eins der Fotos aufzufrischen. Ob eine einstige Erzieherin mit blasser Erinnerung ans Nachkriegs-Tokio, ein ermordetes Yakuza-Mitglied, das glaubt, nichts als eine bedauernswerte Schneise der Verwüstung hinterlassen zu haben, oder ein Mädchen aus perspektivlosen Verhältnissen – ihnen allen zeigt Hirasaka: Das Leben ist doch wunderschön, man muss nur im richtigen Moment hinsehen.

Legt euch ein Taschentuch parat.

Auch dann, wenn du denkst, die Traurigkeit und der Kummer würden dich zermalem.
Ruf!

Herr Hirasaka führt ein ganz besonderes Geschäft, welches nur von außen hin wie ein gewöhnlicher Fotoladen aussieht. Doch seine Kunden sind alleine die kürzlich verstorbenen und ein jeder bringt die Fotos aus seinem Leben mit sich. Für jeden Tag eines. Doch sich aus all diesen Erinnerungen jene auszusuchen, die für die Person die wichtigsten waren, das kann Herr Hirasaka nicht für sie übernehmen. Aber er ist an ihrer Seite und sollte ein Bild verblasst sein, so gibt er ihnen die Möglichkeit es erneut aufzunehmen.

Besonders

Eigentlich ist das Wort zu wenig, um das Buch wirklich zu beschreiben. Denn es macht etwas mit einem. Die anfänglich leicht melancholische Stimmung wird durch die drei außergewöhnlichen Geschichten, jede für sich ganz anders, zu etwas Neuem. Etwas anderem. Dabei sind die Verstorbenen immer ganz anders. Eine loyale Frau, die sich für die Nachkriegskinder einsetzte, ein raubeiniger Yakuza, der unerwartet weiche Seiten hatte, und das eines jungen Mädchens, für die Süßkartoffeln und ein Traum wohl für immer eine ganz besondere Bedeutung haben werden. Sie alle lernt man kennen, lässt sich in ihre Geschichte fallen und lacht und weint gemeinsam mit ihnen. Und der ruhige, sanfte Stil, mit dem die Autorin die Szenen beschreibt, geben dem Leser dabei mehr als einmal so wunderbare Sätze mit an die Hand.

Japan

Ich bin ihnen verfallen, den japanischen Autoren. Sie schreiben ganz anders. Es ist in etwa so, als würde man zum ersten Mal einen Schwedenkrimi lesen. Nicht nur wegen des Namen, auch der Stil, sind ganz anders. Warm, einladend und immer wieder mit so wunderschöner Sprache versehen, dass sie einem zu Herzen gehen. Auch hier ging es mir so. Ein paar Sätze und ich war verliebt. In die Sprache, die Idee und die Geschichten. Das Thema Tod war dabei nie schwer oder belastend, sondern so lebensbejahend, wie es nur sein kann. Denn man hat nie ein vollkommenes Ende vor sich, denn auch Herr Hirasaka weiß nicht, was nach dem Blick in die Erinnerungslaterne kommt. Und auch über besagten Herrn erfahren wir einiges und gerade die letzte Geschichte, welche den Leser ein Geheimnis anvertraute, hat mich nach dem Taschentuch greifen lassen.

„Die Erinnerungsfotografen“ ist ein Buch über das Leben und Sterben und das, was irgendwie dazwischenliegt. Es ist eine Ode an die Erinnerungen und daran, dass man manchmal, vielleicht sogar unwissentlich, ein Leben verändert. Und eben nicht nur zum schlechten, auch wenn das unser Yakuza von sich glaubt. Und am Ende hoffe ich, dass jeder von uns einmal in solch einem Fotoladen sitzt, bei einer Tasse Tee mit Herr Hirasaka, und seine Fotos auswählen kann. Möge es viele, viele davon geben.

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