Titel: The Book of Azrael | Autor*in: Amber V. Nicole
| Genre: Fantasy| Verlag: blanvalet | Erscheinungsdatum: 23.4.2025
| Seitenzahl: 720 Seiten | Preis: 17,00 Euro Broschur

Er ist ihr Erzfeind – und der Einzige, der ihr helfen kann, ihre Welt zu retten.
Um ihre sterbende Schwester zu retten, schließt die verzweifelte Dianna einen lebenslang bindenden Pakt: als erste Offizierin des gefürchteten und gefährlichen Unterweltboss Kaden befehligt sie seine Armee aus grausamen Monstern, Gestaltwandlern, Vampiren und Hexen. Als Kaden die Herrschaft des gesamten Reiches an sich reißen will, muss Dianna für ihn eine uralte Reliquie beschaffen. Diese soll sich ausgerechnet im Besitz des Gottes Samkiel befinden, Diannas Erzfeind, der das Reich seit tausenden Jahren besetzt hält. Doch als sie Samkiel begegnet, muss sie eine Wahl treffen, die alles verändern wird …

Es hat seine Ecken und Kanten und doch so einen Sog
Sprich mir nach. Blut von meinem Blut, mein Leben ist mit deinem verknüpft, bis der Pakt vollzogen ist.
Dianna ist nicht die Gute. Sie hat schon mehr Menschen und Anderswelter getötet, als sie sich erinnern kann. Als rechte Hand des Unterweltbosses Kaden ist sie die perfekte Waffe. Das Monster, welches auf seinen Befehl hin die Krallen wetzt. Doch hinter dieser Maske steckt eine Frau, die alles tut, um ihre Schwester zu beschützen. Selbst wenn sie dafür ihre eigene Seele zerschmettern muss. Doch als sie bei ihrem Auftrag auf den Gott Samkiel (Liam) trifft, ändert sich alles.
Enemies to lovers
Tatsächlich eines der wenigen Bücher, die dieses Tropes wirklich überzeugend bedienen. Denn Liam und Dianna hassen sich anfangs wirklich. Und damit meine ich nicht böse Blicke und spitze Kommentare. Nein! Damit meine ich Blut, Krallen, Schwerter und heftige Kämpfe. Und da mir Dianna direkt unheimlich ans Herz gewachsen ist mit ihrem Sturkopf und ihrer spitzen Zunge, war ich natürlich direkt auf ihrer Seite und hasste Liam regelrecht. Und ja, der Kerl war nun auch nicht gerade ein charmanter Charakter. Aber! Und das fand ich so gut, kann man im Grunde beide Seiten verstehen. Liam hat seine Erfahrungen mit ihrer Seite und sie mit seiner gemacht. Dazwischen liegen Misstrauen, Vorurteile und alter Hass. Doch Zeiten ändern sich und Dianna sieht nicht ein, dass er sie nach diesen uralten Geschichten beurteilt. Und es hat richtig Spaß gemacht, zu beobachten, wie Liam langsam über seinen Tellerrand hinausschaut. Und das hätte richtig toll fließend sein können.
Hätte.
Okay … Moment … Was?
Das große Problem war, dass dieser Übergang von Hass zu Liebe nicht fließend war. Stattdessen war von einem zum anderen Moment plötzlich Verständnis da und gefühlt lag das an ein paar Sätzen von Diannas Schwester. Und das kann ich der Geschichte einfach nicht abkaufen. Nicht wenn sie sich anfangs am liebsten gegenseitig die Eingeweide herausreißen wollten und Liam sie im Grunde zwei Wochen gefoltert hat. Ein kleines Detail übrigens, das irgendwann einfach „vergessen“ und nie wieder erwähnt wurde. Ich meine klar, das ist ja auch nicht prägend für eine Beziehung oder so. Auch nicht für mich, denn ich habe Liam zu dieser Zeit absolut überhaupt nicht gehasst oder so. -> Lüge
Aber sobald wir diesen kritischen Punkt überstanden haben, wird die Dynamik zwischen den beiden immer besser und besser. Das freundschaftliche Angezicke, Liam wird mir auf einen Schlag sympathisch und die Suche nach dem Buch geht in die heiße Phase. Wer hier jetzt aber aktiongeladene Kämpfe und dergleichen erwartet, wird unweigerlich enttäuscht werden. Es geht alles viel intriganter zu, als man es bei Göttern und Monstern erwartet. Dazu kommen der Ausbau von Liams und Diannas Charakteren und ihre Beziehung zueinander. Wir lernen einige von Diannas Informanten und Freunden kennen, blicken in die Vergangenheit der beiden und gewinnen sie einfach richtig lieb. Bis auf kleinere Ausnahmen ist die Geschichte also eher ruhig und langsam. Das sollte man im Hinterkopf behalten.
Vielfalt
Es gibt so unglaublich viele Figuren! Denn neben Dianna und Liam gibt es bald noch eine Vielzahl an Freunden, Feinden, Gegnern und anderen. Und alle sind irgendwie cool! Selbst solche, die relativ schnell ins Gras beißen, haben ihre eigenen Ecken und Kanten. Hat mir sehr gut gefallen.
Auch in Sachen Worldbuilding wird es komplex. Denn es gibt mehrere Welten, zerstörte Welten, die menschliche Welt, und man bekommt sie ohne viel Erklärung vor die Füße geworfen. Die richtigen Zusammenhänge erschließen sich erst nach und nach und haben für mich einen Reiz der Geschichte ausgemacht.
Einen Punktabzug gibt es hier aber trotzdem. Gerade zum Ende hin schleichen sich leider ein paar Ungereimtheiten oder einfach Plot-Holes ein. So kann Dianna teleportieren, tut es aber bei einem entscheidenden Kampf nicht, ohne dass es dafür eine nähere Erklärung gibt. Im selben legt Liam etwas zurück, flieht ein Stück mit Diana und dann müssen sie wieder zurück, um den Gegenstand zu holen, nur um dann erst richtig in Gefahr zu geraten. Da muss man schon etwas den Kopf schütteln.

„The Book of Azrael“ entwickelt schnell einen unglaublichen Sog und so war es leicht für mich ihm die kleineren Patzer zu verzeihen. Stattdessen verlor ich mich in der komplexen Welt, den Intrigen, Lügen und dem Verrat. Aber man muss dem Buch die Zeit geben, die es braucht um sich komplett vor einem zu entfalten. Ohne großartige Aktion und literweise Blut, dafür voller Verrat, Intrigen und einer Menge Geheimnissen.

