Schwer atmend lässt du deine improvisierte Waffe sinken und starrst auf den toten Oger vor dir. Das Siegesgefühl bleibt aus. Es war viel zu knapp gewesen und niemand musste dir sagen, wie viel Glück ihr hattet. Kurz wirfst du deiner Kameradin einen Blick zu. Auch sie ist außer Atmen, etwas fassungslos und versucht sich dennoch so gut es geht zusammenzureißen. Du kannst sie verstehen. Auch in deiner Kehle liegt ein fast wahnsinniges Lachen und du schaffst es nur mit Mühe, es zurückzuhalten. Wer wusste schließlich, was sich sonst noch hier herumtrieb. Mehr Oger? Goblins? Dinge, die das Raubtier vor ihnen bisher in Schach gehalten hatte? Nun, es gab keinen Grund, es näher herausfinden zu wollen.
„Er muss irgendwoher gekommen sein“, meinst du leise zu deiner Begleitung. „In der Höhle ist er uns jedenfalls nicht begegnet. Vermutlich gibt es irgendwo eine Abzweigung, die wir nicht gesehen haben.“
Ihr solltet euch eine der Laternen schnappen und den kurzen Gang zurückgehen. Und auch der tote Mensch machte dir, wenn auch nur leise, Hoffnung. Vielleicht hat er ja etwas Gutes dabei.
Du untersuchst den Oger und gehst dabei Systematisch vor. Suche in deinem Buch die Worte Hose, Hemd, Jacke und Schuhe.
Du findest bei dem erschlagenen Oger folgendes:
– zwei Streifen Dörfleisch unbekannter Herkunft
– abgenutztes Bronzemesser
– Muschelkette
Du untersuchst die Leiche des Menschen und bist ein bisschen enttäuscht, dass das ganze Blut die Kleidung komplett ruiniert hat. Dennoch bist du Gründlich. Lies 30 Seiten in deinem Buch.
Du findest einen Brief. Er ist mitgenommen und großteils durch all das Blut unleserlich. Doch ein paar Worte kannst du entziffern.
…. Kommandant Sergl …… Höhle …… Sie hatten Recht …… Hilfe …..
„Tut zwar immer noch sehr weh, aber ich denke, es sollte alles heil sein. By the way: Wie lange liegt dein erste Hilfekurs zurück?“, ich schmunzele in die Richtung meiner Kampfgefährtin, die mich mit der Idee des Fledermausmassakers doch stark zu überraschen wusste. Was für Viecher sind das eigentlich? Wenn die einen Goblin kaputtkriegen?
Jetzt heißt es auf jeden Fall zusammenreißen. Vielleicht finde ich ja ein paar Kräuter und kann mir damit etwas zusammenbrauen, was sich auf die Wunde streichen lässt. Schauen wir mal. Ich durchsuche die Leiche.
Boah, was für ein Gestank, denke ich mir. Aber andererseits: Das, was zu Hause bei mir im Kessel landet und in der Hausapotheke so vor sich hinmodert, riecht auch nicht immer viel besser …
Huch, ein Brief? „Schau mal?“, ich halte den Brief in Ruhas Richtung. „Das klingt irgendwie kryptisch oder was meinst du?“
„Ich kann einen Verband anlegen“, meinte ich und musste ihr schiefes Grinsen einfach erwiedern. „Ich hoffe bei allem anderen hast du mehr Talent.“
Vermutlich würde sie meine Heilugnsversuche nicht überleben .. Also lieber nicht versuchen.
Doch Joes Schulter scheint wirklich nicht zu viel abbekommen zu haben und sie stürzt sich mit überraschendem Feuereifer auf die Leiche des Kerls, während ich anfange den Goblin zu filzen. Bei ihren Worten sehe ich auf. „Das Blut hat viel unkenntlich gemacht … aber ich glaube wir sind uns einig, das der Kerl hier das vermutlich nicht geschrieben hat.“ Ich deutete auf den Menschen. „Soweit ich mich mit Goblins auskenne, ist ihr Jagdgebiet eher überschaubar. Sie laufen nicht gerne.Das bedeutet er muss den Menschen irgendwo hier in der Nähe aufgegabelt haben. Die Frage ist, wollen wir es riskieren diesen Sergl zu suchen?“
Prinzipiell bin ich der Ansicht: Lieber irgendwie unbeschadet durch die Höhle kommen und möglichst wenig Risiken eingehen. Aber irgendwo in mir regt sich dann doch die Sorge um den Fremden. Wäre ich hier alleine in der Höhle unterwegs und für den Fall, dass es mehr von diesen Goblins hier unten gibt … ich mag mir gar nicht die ganzen schrecklichen Szenarien, die mir da in den Sinn kommen, zu Ende vorstellen. „Lass ihn uns suchen“, beschließe ich daher und klinge vermutlich viel mutiger, als ich es wirklich bin.
-> Antwort in Bookventure #6